Ich segel also denk ich

III. Zwischenbericht – 100 Tage auf dem Boot

Wir haben jetzt fast Halbzeit! Knapp 3,5 Monate sind wir nun schon auf dem Boot. 100 Tage um genau zu sein. Wow! Wir haben 1868 Seemeilen zurückgelegt und liegen vor Anker in Andalusien. Wir haben einige große „Hürden“ überwunden: Biskaya Überquerung, dem schlechten Wetter getrotzt, nasse Füße bekommen, als es ins Boot geregnet hat, aber wir haben alles gut gemeistert. Unterwegs sind wir einigen anderen schönen Booten begegnet und haben uns gefragt, wie es wohl wäre, auf einem solchen Boot zu leben. Mehr Platz, mehr Komfort, wie wäre das wohl? Allerdings ging uns auf, dass das gegenüber unserer Tine nicht gerecht wäre. Sie hat uns so gut bis nach Südspanien gebracht und uns ja immerhin die gleichen schönen Aussichten beschert, wie die großen Boote ihren Passagieren.

Das wäre zum Beispiel ein schönes anderes Boot

Was wir bisher schon alles gesehen und erlebt haben ist manchmal gar nicht wirklich fassbar für uns. So viele Eindrücke! Wir haben die Zeit unseres Lebens! Sieben Monate Segelreise, dass ist schon ein wahr gewordener Traum. Sicherlich treffen wir hier einige, die noch viel länger unterwegs sind als wir: 1,5 Jahre, 3 Jahre, dauerhaft auf dem Boot. Auch sehr schöne Perspektiven. Aber wir mussten ja gar nichts aufgeben, um das hier zu realisieren. Wir haben noch unser altes Leben, wenn wir zurückkehren. Wahrscheinlich sind wir dann anders…kehrt man überhaupt wieder in sein altes Leben zurück? Das sehen wir dann. Ich kann nicht behaupten, dass ich unser Haus wirklich vermisse. Manchmal vermisse ich unser Badezimmer, das schon. Da wären wir wieder beim Punkto Komfort. Aber ansonsten ist das Bootsleben einzigartig. Nur auf unseren Garten, auf den freue ich mich schon…

Nicht unser Garten, aber ein sehr schöner englischer Garten in Guernsey

In einer Hinsicht habe ich mich auf jeden Fall geändert: mein Gleichgewichtssinn hat sich deutlich verbessert, seitdem wir auf einem schaukelnden Boot leben. Mein Physiotherapeut hat oft probiert mir das anzutrainieren, das Bootsleben hat das jetzt von allein geregelt. Und auch unser Mini scheint Vorteile aus der Schaukelei zu ziehen. Wir nahmen an, dass die Große mehr Bewegung brauchen und unser Mini erst sehr spät laufen wird. Weit gefehlt! Eigentlich ist es genau andersrum. Das Mini krabbelt bereits seit vier Wochen und zieht sich seit drei Wochen schon überall hoch. Mit ihren knapp neun Monaten bewegt sie sich schon auf zwei Beinen fort, wenn sie was zum festhalten hat. Das hätten wir nicht gedacht. Die Große möchte dagegen bloß nicht zu viel Laufen und ist glücklich, wenn sie Geschichten auf ihrem MP3-Player hören kann.

Trotz Wellen alles gut auf See

Noch was hat sich verändert: früher sagte mir mein Mann mal, dass ich sexy Beine hätte. Jetzt sagt er mir nur noch, dass ich Seebeine habe. Ich weiß nicht wie ich diesen Wandel seiner Komplimente finden soll… immerhin liebt er die See, deswegen ist es wohl positiv anzusehen. Die Aussage dahinter, dass ich jetzt scheinbar seefest geworden bin, ist natürlich auch eine positive Veränderung. Und scheinbar – ich will es nicht beschwören, aber seit sieben Wochen ist es tatsächlich so – kann mir das Geschaukel der letzten Male nichts mehr anhaben. Auch bei etwas stärkerem Seegang und auch unter Deck ging es mir gut. Wenn man mich also fragt, ob man irgendwann seefest wird, könnte ich jetzt sagen: „Ja, nach ungefähr 1500 Seemeilen ist es dann soweit“.

Sexy Beine oder Seebeine?

Nach besagten 1500 Seemeilen von Deutschland aus, sind wir nun auch endlich im Sommer angekommen. Segeln im Bikini und in kurzer Hose ist auf jeden Fall viel angenehmer, als wenn man sich drei Schichten anziehen muss. Und den ganzen Tag draußen sein zu können, ist auf jeden Fall eine Bereicherung. Die Natur ist unfassbar schön! Es ist jeden Tag aufs Neue unglaublich, wie schön Sonnenuntergänge auf dem Wasser sind.

Sonnenuntergang überm Atlantik

Ebenfalls fantastisch sind der Sternenhimmel überm Meer oder die zu beobachtenden Tiere. Wie tragisch, dass wir Menschen die Natur nicht so respektvoll behandeln, wie sie es verdient. Unterwegs sehen wir auch einiges an Verschmutzung, dass ist wirklich schade. Wir probieren so viel Plastik mitzunehmen wie wir können und hoffen so wenigstens ein bisschen positiv auf die Natur einzuwirken.

Die Delfine begleiten uns weiterhin auf unserer Reise und wir – zumindest wir Erwachsenen – bleiben begeistert

Zumindest ist unsere Art zu Reisen eine der Besten für die CO²-Bilanz. Und soviel unterschiedliche Orte habe ich bisher noch nie gesehen. Wir machen also erstmal weiter und hoffen das es so wunderbar bleibt, wie es bisher ist.

Ein Kommentar

  • Sylvie Nautré

    Merci de ces détails et de tes impressions. Oui, c’est une expérience unique qui change certainement la personnalité. Bonne continuation.

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