Die Tour

12. Galizien – Segelwunderland

Am 21.06.2019 waren wir nach 74 Stunden in Muxia (Galizien) angekommen. Wir waren sehr glücklich über unsere schöne Biskaya Überquerung, aber auch sehr müde. Nach einem ausgiebigen Frühstück, legten wir uns also noch mal für einen Mittagsschlaf hin. Nach dem Mittagsschlaf waren wir zwar nicht wieder fit, aber wir wollten ja auch nicht komplett aus dem Rhythmus fallen. Also rafften wir uns auf und erkundeten das Land. Nachdem wir so lange Zeit auf dem Wasser verbracht hatten, waren wir richtig scharf drauf mal wieder etwas zu Fuß zu erkunden. Außerdem wollten wir vermutlich am nächsten Tag weitersegeln. Muxia ist eine süße Stadt, die auf den ersten Blick nicht besonders schön ist, weil das Stadtbild von vielen 60-70iger Jahre Bauten geprägt ist.

Bewachsene Häuser in den Gassen von Muxia

Aber wenn man durch die Gassen schlendert, findet man sowohl ein paar erhaltene antike Gebäude und diesen besonderen Charme, den man in spanischen Städten findet. Wir gingen in Richtung der alten Kirche Nuestra Señora de la Barca, die auf dem Felsen am Meer lag. Der höchste Punkt lag aber noch weiter oben und die Große wollte umbedingt bis ganz nach oben laufen. Was ein paar Tage ohne Bewegung so alles ausmachen… plötzlich wollte sie laufen. Der Blick von der Küste war spektakulär und wir waren so froh endlich im schönen Spanien angekommen zu sein.

Die Kirche „Nuestra Señora de la Barca“

Die Kirche, Nuestra Señora de la Barca, ist eine der ältestens Wallfahrtsorte Galiziens und somit ein absoluter Besuchermagnet. Der Legende nach ist eine Jungfrau mit einem Steinboot nach Muxia gekommen, um dem Apostel Jakobus bei der Christianisierung zu unterstützen. Die Überreste des Steinbootes sollen vor der Kirche an der Küste liegen. Verschiedene heilende Wirkungen werden diesen Steinen zugesprochen, die das Steuerrad, die Überreste des Segels und den Rumpf darstellen sollen. Vermutlich werden die Touristen daher Busweise angekarrt, viele kommen aber auch zu Fuß um diesen Ort zu besichtigen. In das innere der Kirche konnte man allerdings nur einen Blick durch ein Gitter werfen. Die Architektur der Kirche und die Lage waren allerdings tatsächlich unschlagbar.

Besichtigung von „Nuestra Señora de la Barca“

Die Große fand die Kirche nicht so spannend, wie die vielen Qualquappen und Babyfrösche, die sich auf den Felsen vor der Kirche finden ließen. So hatte sie wenigstens eine Beschäftigung, während wir die Aussicht genossen. Der Tag war heiß und wir waren schnell müde, von der Erschöpfung der Reise und von der Hitze. Deswegen gingen wir dann bald zurück zum Boot, um früh schlafen zu gehen und eine erfrischende Dusche zu genießen. Der Laderegler der Batterien, der schon auf der Biskaya Probleme gemacht hatten, meldete Alarm und wir versuchten den Landstrom anzuschließen. Leider passte unser Stromkabel nicht in die Buxe am Steg, hierfür war ein Adapter nötig. Natürlich hatte das Hafenmeisterbüro schon geschlossen, also blieb uns nur, möglichst alle Stromfresser auszuschalten. Mitten in der Nacht schlug der Laderegler dann wieder Alarm, nur hörte er diesmal leider gar nicht mehr auf. Es piepte und piepte und piepte. Selbstverständlich war die Batterie unter dem Tisch, unterm Polster eingebaut und Fiete musste alles abbauen, um das Gepiepe endlich auszustellen. Schön, so eine erholsame Nacht nach einer anstrengenden Reise…

Die Aussicht in der Marina von Muxia genossen wir etwas länger

Jedenfalls war unser Plan, am nächsten Tag weiterzufahren zu Nichte gemacht. Wir benötigten sowohl eine neue Starterbatterie als auch eine neue Verbraucherbatterie. Die Starterbatterie zu besorgen, sollte kein Problem sagte uns der spanische Elektriker des Hafens, die LKW-Batterie war komplizierter. Also bestellten wir eine LKW-Batterie beim spanischen Amazon, da Amazon.de nicht nach Spanien liefert. Den Elektriker ließen wir eine neue Starterbatterie für uns besorgen, da er meinte er bekomme sie innerhalb von 2 Tagen, also bis Montag. Gut, wir mussten also noch 2-3 Tage länger als geplant bleiben, egal. Wir hatten ja eine lange Fahrt hinter uns und die Große hatte auch gleich ein paar spanische Mädchen auf dem Spielplatz getroffen, die sie unbedingt wiedersehen wollte. Außerdem konnten wir so endlich ein paar Strandtage einplanen.

Strandtage in Muxia

Die Batterie lies auch noch einen Tag länger auf sich warten, da am Montag Feiertag war und somit hockten wir dort und warteten und waren etwas genervt. Es war eigentlich total schön in Muxia, aber die Tatsache nicht weiterfahren zu können nervte. Wir fühlten uns irgendwie gefangen. Und da wir nicht mal den Motor starten konnten, konnten wir auch nicht Ankern gehen. Zwischenzeitlich freuten sich aber mehrere Bootsbesitzer im Hafen über Fietes dasein. Nachdem sie mitbekamen, dass er handwerklich ziemlich fit war, wurde er gleich bei mehreren Booten zum Einsatz gerufen. So wurden wir hinterher auf Bier und nette Gespräche eingeladen und das war auch sehr nett. Am Dienstag bekamen wir dann endlich unsere Starterbatterie, jetzt musste nur noch die LKW-Batterie ankommen. Wir fuhren am nächsten Tag aus der Marina, um vor Anker auf die andere Batterie zu warten. So hatten wir schon mal das Gefühl nicht mehr „gefangen“ zu sein. Die Ria de Camariñas ist traumhaft schön und es gibt wahrlich schlimmere Orte um festzustecken. Es roch nach Wald, durch die Pinien auf den Hügeln und es gab wunderbare Buchten mit türkisenem Wasser und kleinen, weißen Sandstränden. In einer solchen Bucht blieben wir eine Nacht und waren gleich komplett versöhnt. So hatten wir uns das vorgestellt in Spanien!

Einsame Bucht in der Ria de Cameriña

Am nächsten Tag versuchte ich mit meinen Spanischkenntnissen den Lieferstatus der LKW-Batterie herauszufinden, indem ich bei verschiedenen Firmen anrief (der Hersteller, dem Versandunternehmen, dem Lieferanten). Da keiner englisch Sprach, musste ich schnelle Fortschritte im Spanischen machen. Zum Glück klappte das ganz gut. Zwischen den Telefonaten mussten wir auf eine Antwort warten und nutzten die Zeit, um an einem einsamen Strand schwimmen zu gehen. Es war wunderschön. Leider fanden wir aber auch eine Menge Müll an diesem Strand, der von Land aus gar nicht zugänglich war. Wir sammelten eine Plastiktüte voll und die Große war ganz stolz, dass sie dazu beitrug die Welt zu retten. Am Nachmittag erhielten wir die Nachricht, dass die Batterie geliefert worden war. Wir freuten uns sehr darüber, endlich wieder unabhängig zu sein, holten die Batterie ab und fuhren zum nächsten Ankerplatz in der nächsten Ria. Endlich weiterkommen.

Blick auf eine Ria in Galizien

Galizien ist ein wunderbares Segelrevier. Es gibt eine Ria (Meeresbuchten, die tief in das Land reinreichen) nach der anderen und man hat den Eindruck es ist eine schöner als die andere. Die Küste bietet ein traumhaftes Spektakel und in jeder Ria, in die man einläuft, entdeckt man diverse schöne Städtchen und Dörfer inmitten der pittoresken Natur. Wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Es war einfach nur traumhaft. Auch die nächste Ria, hinter dem Kap die Fisterra, raubte uns den Atem. Das Kap Fisterra, aus dem lateinischen „finis terrae“, wurde Jahrhunderte lang als der westlichste Punkt Europas (stimmt faktisch nicht) und somit als Ende der Welt angesehen. Für viele Pilger ist das Kap Fisterra das verlängerte Ende des Jakobwegs.

Ankerbucht mit traumhafter Aussicht

Auf nach Muros

Wir verbrachten eine weitere Nacht in einer traumhaften Bucht und machten uns am nächsten Tag auf den Weg nach Muros, wo wir eine weitere Lieferung erwarteten. Da die Pakete aber noch nicht alle da waren, wollten wir auch dort erstmal vor Anker liegen. Mit einiger Überwindung gingen die Große und ich vom Boot aus baden. Nicht etwa weil das Wasser noch kalt war, sondern weil mich meine „irreale“ Angst vor Haien einfach nicht loslässt. Anderseits, so irreal ist diese Angst dann auch wieder nicht, immerhin ist in der nahegelegenen Stadt Vigo der größte Umschlagplatz für den Haihandel in Europa. Dennoch weiß ich eigentlich ganz rational, dass Haie ganz selten Menschen angreifen, nur 50-100 Haiangriffe werden weltweit pro Jahr gemeldet. Mit diesem Wissen im Hinterkopf sprang ich also ins Wasser und schwamm meine Runden um das Boot. Die Große traute sich trotz der doch sehr frischen Wassertemperatur (zwischen 15-17 Grad) dann auch noch rein.

Unser Baby bleibt lieber an Board und beobachtet das Geschehen

Am Abend fuhren wir mit dem Dinghy nach Muros, wir wollten gerne essen gehen. Obwohl wir schon bei dem Bericht der Serenity davon gelesen hatten, dass man mit dem Dinghy nicht im Hafen anlegen darf, hatten wir das komplett vergessen und fuhren drauf los. Tatsächlich stellten wir fest: man darf im Hafen nicht mit dem Dinghy anlegen. Nachdem mich der spanische Hafenmeister anmaulte, ich aber weitere Überzeugungsarbeiten versuchte, stellte sich heraus dass er auch französisch sprach. Ich probierte ihn zu besänftigen und ihn davon zu überzeugen, dass wir ja eh noch in die Marina kommen würden, nur heute eben noch nicht, ob wir nicht trotzdem was essen gehen konnten. Nach einem „Die Franzosen gehen mir auf die Eier“ (so viel Spanisch verstehe ich dann schon) hatte er sich scheinbar selbst besänftigt, bzw. Dampf abgelassen und wir bekamen Ausgang bis 23 Uhr. Bis dahin war er nämlich noch im Büro und würde uns das Marinator, das nur mit einem Schlüssel zu öffnen war wieder aufschließen. Das Essen war zum Glück hervorragend – Jakobsmuscheln, Kroketten, Piementos, Langusten und Salat – und wir waren begeistert von der Atmosphäre der Stadt. Gern hätten wir noch mehr Köstlichkeiten probiert, aber unsere zweite Bestellung dauerte so lange, dass wir sie leider stornieren mussten, um noch rechtzeitig vor 23 Uhr wieder am Hafen zu sein. Das war ein komisches Gefühl eine Ausgangssperre zu haben. Egal, wir waren einigermaßen satt, kamen zurück zum Dinghy und somit auch zum Boot.

Blick auf Muros

In Muros verbrachten wir leider auch wieder mehr Zeit als gewollt, diesmal aber, weil das Wetter sehr schlecht wurde. Nach zwei Ankernächten fuhren wir dann in die Marina und wurden dann auch nett von den Hafenmeistern empfangen. Fiete nutzte die Zeit für einen Öl- und Filterwechsel, wobei der Motor fast nicht mehr angesprungen wäre. Aber nach einem ganzen Tag und viel Kopfzerbrechen schaffte es Fiete dann doch, den Motor wieder zu starten und wir konnten nach vier Tagen in und um Muros weitersegeln. Aufgrund der vielen unerwarteten Wartetage, hatten wir mittlerweile leider ganz schön Termindruck: Wir hatten uns am 19.07. in Malaga verabredet. Da die Distanzen doch noch recht weit waren und wir nun schon den 3.07. hatten, ging uns auf, dass wir uns leider gar nicht mehr so lange in Galizien aufhalten konnten.

Segeln um die Ilas Cíes

Wir planten von Muros aus direkt nach Vigo zu segeln, weil wir da nochmal tanken und eine portugiesische Gastlandflagge besorgen wollten, bevor wir dann nach Portugal fahren würden. Auf dem Weg nach Vigo entschieden wir uns dann aber doch einer Empfehlung der Serenity zu folgen und zu den Ilas Cíes zu segeln. Die Ilas Cíes bestehen aus drei unbewohnten Inseln und sind 1980 zum Naturschutzgebiet erklärt worden. Sie dürfen nur mit einer Genehmigung umsegelt und beankert werden. Zum Glück bekommt man diese sehr einfach per Email und innerhalb kürzester Zeit, weswegen wir unseren Kurs dann noch kurzfristig änderten und dorthin segelten. Zum Glück!

Ilas Cíes im atlantischen Nationalpark

Es war unfassbar schön. Wir ankerten vor der Insel San Martino und ruderten zum Strand. Ich dachte in den Rias schon, dass das Wasser sehr türkis sei, aber so türkis und klar wie hier, war das Wasser bisher nirgendwo gewesen. Ich glaube ich habe vorher noch nie in so klarem, türkisenem Wasser gebadet. Am Strand lagen überall Jakobsmuscheln und andere tolle Muschelarten und es waren nur vier weitere Personen dort. Zwei davon waren ein sehr nettes deutsches Paar, mit welchem wir uns länger unterhielten. Sie ankerten schon länger hier und wollten auch erstmal nicht weg. Verständlich! Es war wirklich atemberaubend. Nicht umsonst wurde ein Strand der Nachbarinsel zu einem der zehn schönsten Strände der Welt gekürt. Wir mussten allerdings wirklich weiter, weswegen wir dieses traumhafte Szenario nur einen Tag genossen. Etwas traurig darüber, das Paradies so schnell wieder zu verlassen, zogen wir am nächsten Tag den Anker hoch und setzten Segel. Tank vollmachen und Gastlandflagge besorgen erledigten wir am Vormittag noch im nahegelegenen Baiona (es sah ebenfalls sehr schön dort aus), um dann nach Portugal weiter zu segeln.

Festung von Baiona vom Wasser aus

Wir stellen fest sieben Monate, sind eben doch zu wenig Zeit, um alles ausgiebig besichtigen zu können… allerdings ist das natürlich meckern auf unglaublich hohem Niveau. Wir sind sehr froh diesen Traumhaften Abschnitt entdeckt zu haben und sind uns sicher: Galizien wir kommen wieder!

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