Die Tour

3. Von (Heiligen)Hafen zu (Cux)Hafen – Unser Trip durch den Nord-Ostsee-Kanal

Heiligenhafen ist zwar sehr schön, da wir dort aber schon mal waren und wir das Örtchen ganz gut kannten, wollten wir nicht unbedingt länger dort verweilen. Daher entschieden wir, trotz der Flaute am nächsten Tag, von Heiligenhafen unter Motor nach Kiel zu fahren. Am nächsten Tag (20.04.19) ging es dann morgens gegen halb zehn los. Nach eineinhalb Stunden unter Motor kam dann doch ein bisschen Wind auf und da es so viel schöner und vor allen Dingen ruhiger ist zu Segeln, als unter Motor zu fahren haben wir entschieden, dass wir Segel setzen. Wir waren auch gar nicht so viel langsamer, ungefähr ein Knoten weniger Speed dafür sehr viel angenehmere Konditionen der Fortbewegung. Wir hatten spiegelglatte See und strahlenden Sonnenschein, es war traumhaft schön. Eigentlich war dieser Törn kaum zu toppen… dachten wir, als wir das große Glück hatten Schweinswale neben unserem Boot zu sehen.

Die spiegelglatte Ostsee kurz hinter Heiligenhafen

Fiete las der Großen gerade gemütlich ein Buch vor, als es hinter ihnen einen riesen Platsch gab. Wir haben uns alle total erschrocken und dachten es wäre etwas vom Boot ins Wasser gefallen. Kurz darauf gab es das gleiche Geräusch dann wieder. Nur das wir diesmal gesehen haben, dass es sich dabei um Schweinswale handelte (bzw. wir waren uns erst nicht sicher, ob es Delfine oder Schweinswale sind, nach eingehender Recherche, plädieren wir jetzt zu Schweinswalen). Die Freude war natürlich groß. Wir haben fünf oder sechs Schweinswale um unser Boot springen sehen. Das Wasser war so klar, dass man sie neben dem Bug des Bootes schwimmen sehen konnte. Wir waren extrem beeindruckt. Überaus beglückt von diesem tollen Erlebnis segelten wir sehr langsam, aber sehr zufrieden weiter bis nach Kiel.

Schweinswale in der Ostsee

Abends sind wir dann gut in Kiel-Holtenau eingelaufen und haben in der Nähe der Schleuse angelegt, um am nächsten Tag relativ früh durch die Schleuse zu kommen. In Kiel-Holtenau gibt es nicht viel. Einen schönen alten Leuchtturm von 1895, ein paar nette Häuser und ansonsten konnte man vielen Anglern dabei zusehen wie sie Heringe aus dem Wasser fischten. Einem Fischer haben wir so lange zugesehen, dass die Große jetzt auch weiß wie man angelt, Heringe wäscht und danach ausnimmt. Das heißt wir können jetzt endlich bald mit frischem Fisch rechnen… wir müssen der Großen nur noch eine Angel besorgen.

Am nächsten Morgen wollten wir ganz früh los, deswegen bin ich um kurz nach sechs Uhr aufgestanden. Ganz ganz leise zog ich mich an, um ja niemanden zu wecken. Ich wollte zum Automaten gehen, wo man für die Strecke vom Nord-Ostsee-Kanal ein Ticket ziehen musste. Immerhin 12 Euro kostet der Spaß! Gerade als ich mein T-Shirt anziehen wollte, donnerte es an unser Schiff. Boom, boom, boom. Der Hafenmeister war gekommen und hatte alle geweckt, um die Liegegebühr zu kassieren. Mit dem äußerst kreativen Spruch „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ stand er lächelnd da und hielt die Hand auf. Alle wach! Danke dafür. Ich war also ganz umsonst ruhig. Dafür sind wir dann aber auch wirklich früh weggekommen aus Kiel-Holtenau. Um halb acht haben wir abgelegt und gegen halb neun konnten wir dann in die Schleuse einlaufen. Es lag schon ein riesiger Frachter in der Schleuse, neben welchem wir fest gemacht haben. Es war schon ein bisschen aufregend neben so einem großen Frachter anzulegen. Zum Glück hat alles sehr gut geklappt. Nach fünfzehn Minuten war die Aufregung dann auch schon vorbei und wir waren durch die Schleuse durch.

Schleuse Kiel-Holtenau

Hinter der Schleuse erwartete uns dann ein sehr idyllischer Nord-Ostsee-Kanal bei strahlendem Sonnenschein, den wir unter Motor (segeln darf man im Kanal nicht) hinunterschipperten. Da Ostern war gab es ein „besonderes“ Frühstück mit frischen Rühreiern. Später kam dann sogar der Osterhase an Bord und hat einige Ostereier und ein rosa Einhorn für die Große im Segel versteckt. Die Große hat sich sehr gefreut an Deck nach den Ostereiern zu suchen, am coolsten war natürlich das rosa Plüscheinhorn.

Touristendampfer auf dem Nord-Ostsee-Kanal

Da wir nicht zehn Stunden am Stück unter Motor den Kanal abfahren wollten, haben wir nach ca. sechs Stunden Fahrt an einem kleinen Ort im Nirgendwo angelegt. Der kleine Ort im Nirgendwo heißt „Gieselauschleuse“, wo wir gegen 15 Uhr festgemacht haben. Wir haben dann sogar noch Besuch von einem weiteren Freund bekommen, der uns alkoholfreies Bier und Sprite mitgebracht hat. Was für ein Osterfest! So konnten wir ganz entspannt den Osternachmittag in der Sonne, auf dem Wasser mit Bierchen ausklingen lassen. Die Große hat einen Eimer am Seil bekommen, damit konnte sie Wasser aufs Schiff befördern und rumplanschen konnten. Das hat sie dann auch so sehr begeistert, dass sie gar nicht mehr aufhören wollte mit dem Wasser zu spielen. Wir haben indessen die Idylle genossen. Ich hatte mir ja unter „Kanal“ was anderes vorgestellt, aber der Nord-Ostsee-Kanal ist wirklich sehr malerisch, mit vielen hübschen Häusern, Blumen und Bäumen, die das Ufer säumen. Es ließ sich also überaus gut aushalten an der Giselauschleuse. Duschen gab es dort zwar nicht, aber immerhin kostenlose Toiletten, die auch sauber waren und der Liegeplatz war auch noch umsonst. Wo wir anfangs noch alleine lagen, wurden es zum Abend hin immer mehr Boote, die sich dazugesellten, um ebenso dort die Nacht zu verbringen.

An der Gieselau-Schleuse

Am Abend wurde das alltägliche Ritual, den Wetterbericht zu checken, durch einen weiteren Check erweitert: Da wir nach dem Nord-Ostsee-Kanal in der Nordsee landen würden, mussten wir Ebbe und Flut von nun an auch überprüfen. Da Ebbe und Flut das Segeln wesentlich beeinflussen, musste der weitere Reiseplan entsprechend angepasst werden. Dabei viel Fiete auf, dass es am besten wäre, wenn wir nach dem Nord-Ostsee-Kanal direkt weiter nach Cuxhafen fahren würden, um wegen des schlechten Wetters nicht in Brunsbüttel festzusitzen. Um aber Ebbe und Flut entsprechend nach Cuxhafen durchzukommen mussten wir früh los. Wenn ich sage früh, dann meine ich verdammt früh, denn Fiete stellte sich den Wecker auf halb fünf am Morgen. Vorher durfte man den Nord-Ostsee-Kanal nicht befahren, sonst wäre er noch eine Stunde früher aufgestanden. Und wenn ich sage wir, dann meine ich er. Der Arme ist alleine aufgestanden und hat uns noch weiter schlafen lassen. Wir waren beide aufgeregt und konnten schlecht einschlafen. Das Segeln auf der Elbe unter den Gezeitenströmen wird in der Literatur als sehr anspruchsvoll beschrieben, weswegen wir uns schon unsere Gedanken machten, wie gut unser Vorhaben funktionieren würde. Um fünf Uhr fing der Tag dann für ihn an, um das restliche Stück des Nord-Ostsee-Kanals zu durchqueren. Nur so konnten wir sicherstellen mit der Strömung, der Flut nach Cuxhaven einzulaufen.

Nord-Ostsee-Kanal gegen 5:30 Uhr morgens

Als Fiete dann so früh aufstand hatte ich ein sehr schlechtes Gewissen. Aber er hatte natürlich Recht, wir konnten nicht beide zu müde sein für die Kinder. Daher habe ich versucht wieder einzuschlafen nachdem er aufgestanden war. Es klappt dann auch erstaunlich gut, was vielleicht am rhythmischen Brummen des Motors lag. Als wir dann alle gegen sieben Uhr aufwachten, war Fiete bereits weit gekommen. Es war wenig los auf dem Nord-Ostsee-Kanal, was vielleicht daran lag, das Ostermontag war. Um dem Armen ein wenig einzuheizen, machte ich ihm Tee und Frühstück. Es war halt doch noch ziemlich kalt so „mitten in der Nacht“. Knapp eine Stunde später waren wir dann auch schon an der zweiten Schleuse bei Brunsbüttel.

Containerschiff auf dem Nord-Ostsee-Kanal

An der zweiten Schleuse durfte ich dann zum ersten Mal Gebrauch von meinem neu erworbenen Funkschein machen. Ich funkte den Schleusenwart an, um zu erfahren ob wir schon einfahren durften. Wieder aufregend! Wir durften und waren die ersten in der Schleuse. Kurz darauf kam noch ein großer Frachter, der neben uns festmacht. Gegen halb neun waren wir dann raus aus der Schleuse und fuhren die Elbe runter nach Cuxhafen. Da wir noch nie mit den Gezeiten gesegelt waren war die ganze Angelegenheit ziemlich aufregend. Die Strömung ließ sich anhand der Wasserverwirbelungen an den Bojen sehen. Ebenso waren wir ziemlich schnell unterwegs. Mit der Strömung, die uns dank Fietes Berechnungen in die richtige Richtung zog, und dem Wind erreichten wir fast zehn Knoten (zum Vergleich: normalerweise segeln wir so mit fünf Knoten).

Um halb zwölf liefen wir dann im Segelvereinshafen Cuxhafen ein. Auch hier kam uns die Strömung zugute, so dass wir relativ geschmeidig – unter den schaulustigen Augen aller anderen Segler (auch so ein Phänomen) – an unserem Liegeplatz anlegen konnten. Wir waren sehr erleichtert, dass alles so gut geklappt hatte. Daraufhin sind wir erstmal was essen gegangen. Nach dem Essen hat Fiete sich ein bisschen hingelegt und ich bin mit den Kindern auf den Spielplatz. Die Große musste sich ein bisschen austoben, was auch verständlich war, nach der langen Fahrt. Den nächsten Tag würden wir Wetterbedingt in Cuxhafen verbringen und hatten somit eine kleine „Verschnaufpause“. Unbekannte Segelgewässer sind eben doch eine ganz schön aufregende Sache…

4 Kommentare

  • Henning

    Hey ihr Vier,
    aber erst dir, Julie, ein großes Kompliment: du schreibst ganz toll. Es äußerst spannend die Geschichten zu lesen.
    Uns ging es übrigens 1996 übrigens genauso: kommen wir mit dem Tidezeite wirklich klar?
    Eine Bemerkung noch, ihr seit mit ablaufenden
    Wasser nach Cuxhaven gefahren. Das war’s erstmal aus Wien. Wir grüßen euch. Monika & Henning

    • Julie

      Vielen lieben Dank! Es freut mich, dass ihr gerne unsere Geschichte lest. In punkto Fachbegriffe lerne ich jeden Tag dazu 😉

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