Die Tour

4. Helgoländer Tage

Den Tag nach unserer Ankunft in Cuxhafen haben wir vor Ort verbracht. Wir nutzten die Zeit um zwei Wäschen zu waschen, die Betten neu zu beziehen und um das Schiff zu putzen. Die Bedeutung „klar Schiff zu machen“ kam hier voll zum Einsatz!

Hafen der Segler-Vereinigung Cuxhafen e.V.

Am Mittwoch, den 24 April 2019, sindwir dann morgens relativ spontan aus Cuxhafen abgelegt und sind in Richtung Helgoland gesegelt. Die Wetteraussichten hatten sich geändert, wir wollten die Gezeitenströme entsprechend nutzen, daher entschieden wir schnell in Richtung Helgoland weiterzuziehen. Cuxhafen hatte uns nicht so viel zu bieten und wir wollten weiter. Das Wetter war mäßig schön, als wir ablegten regnete es ein bisschen. Der Weg war wieder eine spannende Angelegenheit, da wir zum ersten Mal auf der Nordsee segelten. Auf der Elbe haben wir dann auch noch gleich Erfahrung mit der strengen deutschen Überwachung der Seeschifffahrtsstraßen gemacht: Wir segelten außerhalb des Fahrwassers, um den Berufsverkehr nicht zu behindern und den Wind entsprechend zu nutzen, als uns jemand anfunkte. Auch das war das erste Mal. Es war Kanal 71, Cuxhafen-Elbe-Traffic. Wir wurden zur „Fahrdisziplin“ ermahnt, da wir uns auf der linken Seite der Fahrrinne befanden. Laut Cuxhafen-Elbe-Traffic waren wir dabei, den gesamten Berufsverkehr zu behindern und sollten uns sofort auf die rechte Seite der Fahrrinne begeben. Wir bestätigten, dass wir uns ordnungsgemäß einreihen würden, wollten aber gerne noch den riesigen Frachter abwarten, der uns entgegen kam. Fünf Minuten später wurden wir dann wieder angefunkt, was wir denn jetzt machen würden, dass wir ja „kreuz und quer“ fahren würden. Wir waren etwas genervt. Nett wie ich bin antwortete ich natürlich freundlich, dass wir uns gleich nach dem riesen Frachter einordnen würden, womit es dann auch gut war. Gern hätten wir erklärt, dass wir ein Segelboot sind und man deswegen auch mal „kreuz und quer“ fährt. Auch andere Erklärungen kamen uns in den Sinn, das aben wir aber lieber mal sein lassen. Wir stellten dann auch fest, dass sich scheinbar alle Boote brav beim Cuxhafen-Elbe-Traffic anmeldeten, bevor sie sich in die Fahrrinne oder deren Nähe begaben und das auch alle anderen Boote, die dem nicht folge leisteten „böse“ angefunkt wurden. Wir waren froh, als wir aus dem kontrollierten Fahrwasser raus waren und uns wieder in „freie“ Segelgewässer begaben. Selbst das Meer ist reglementiert…

Später bekamen wir dann doch mehr Wind als geplant und hatten über 2 Meter hohe Wellen. Obwohl es ordentlich geschaukelt hat, ging es uns allen gut. Die Wellen der Nordsee sind ganz anders, als die Wellen der Ostsee. Während auf der Ostsee viele kleine Wellen gegen das Boot schlagen und für ein hin und her Geschaukel sorgen, sind es auf der Nordsee eher langgezogene, gestreckte Wellen, die das Boot hoch und runter führen. Die Fahrt glich daher ein bisschen einer Achterbahnfahrt und war entsprechend lustig. Ich mag Achterbahnfahren und solange es ohne Looping ist, ist alles cool. Nach acht ein halb Stunden kamen wir dann auf Helgoland an.

Vogelperspektive auf Helgoland

Die Große hatte ganz tapfer die ganze Fahrt unter Deck verbracht und Hörbücher gehört. Entsprechend aufgekratzt war sie, als wir an Land gingen. Der erste Gang war also zum Hafenmeister (in diesem Fall eine sehr nette Hafenmeisterin) danach folgte sogleich der obligatorische Gang zum Spielplatz. Der Spielplatz auf Helgoland ist zum Glück sehr schön, so konnte die Große ausgiebig toben. Da wir alle ziemlich müde waren von der langen Überfahrt, hatten wir für den Nachmittag keine weiteren Pläne. Überraschenderweise trafen wir unseren Freund aus Warnemünde wieder, der zum Arbeiten ein paar Tage auf Helgoland war. Wir verabredet uns zu einem gemeinsamen Mittagessen am Freitag. Am Donnerstag, den 25. April 2019, wollten wir erstmal Helgoland und Umgebung kennenlernen. Bzw. Fiete kannte Helgoland durch die Arbeit schon ganz gut – viele aus dem Winbusiness teilen diese Erfahrung – ich war aber noch nie auf Helgoland und war deswegen ganz freudig, touristisch unterwegs. Für die arbeitende Bevölkerung auf Helgoland, verliert die Insel wohl schnell ihren Reiz…lässt sich anhand der Größe der Insel auch nachvollziehen, nach zwei Wochen kennt man vermutlich jede Ecke. Für die Große und mich war aber alles neu und wir freuten uns, als wir die Fähre auf die Insel Düne nahmen. Die Fähre ist der einzige Weg um nach Düne zu kommen. Selber segeln und dort anlegen darf man leider nicht.

Kegelrobben und Seehunde auf Düne

In den letzten Jahrzehnten wurde Düne vermehrt durch Robben und Seehunde bevölkert, so dass man sie dort sehr gut beobachten kann. Am ersten Strand der Insel angekommen sahen wir gleich mehrere hundert Tiere am Strand liegen sowie im Wasser spielen und schwimmen. Die Große hat es anfangs nicht realisiert, sondern beschäftigte sich mehr damit Steine und Muscheln zu sammeln. Später war sie dann aber doch ganz fasziniert von den Tieren, vor allem ein kleiner Seehund hatte es uns angetan.

Unser Lieblingsseehund auf Düne

Beim Muschelsammeln fanden wir zwischen schönen Muscheln und Steinen dann eine Besonderheit: einen Donnerkeil. Wir machten ein Picknick auf Düne und wurden von den neugierigen und hungrigen Vögeln begleitet. Wir hätten den ganzen Tag auf Düne verbringen können, da vor allem die Seehunde wirklich sooo niedlich waren und wir Mädels uns gar nicht sattsehen konnten. Warum sind Seehunde nur so niedlich? Wir beschlossen es liegt am Babyphänomen: großer Kopf und riesige Kulleraugen!

Seehund mit Babyffekt

Irgendwann sind wir dann aber doch wieder von Düne abgefahren, auch wenn es schwer war die Große davon zu überzeugen. Wir versprachen ihr, dass wir auf unserer Reise noch viele andere tolle Tiere sehen würden.

Tags darauf regnete es leider, sodass wir einen eher zurückgezogenen Tag auf dem Boot verbrachten. Wie vereinbart trafen wir unseren Freund zum Mittagessen und nutzen das mehrwertsteuerfreie Einkaufen, um unsere Vorräte aufzustocken. Argentinisches Rinderfilet, Süßigkeiten und Dosengetränke. Das gute Zeug eben! Zum Abend wurde es dann langsam voller auf Helgoland. Einige Boote legten abends im Hafen an, so dass es geradezu eng wurde. Teilweise lagen acht Boote im Päckchen.

Abends im Hafen von Helgoland

Nach unserem alltäglichen Wettercheck entschieden wir, dass wir noch einen Tag länger auf Helgoland verbringen würden. Die Wetterkondition waren immer noch nicht ideal für die Weiterfahrt. Am Samstag standen wir entspannt auf und stellten fest, dass das Wetter gar nicht dem Wetterbericht entsprach und eigentlich doch gut gewesen wäre um weiter zu segeln. Als wir das feststellten war es aber schon zu spät, daher blieben wir auf Helgoland.

Lange Anna, Helgoland

Wir hatten eh noch nicht die Lange Anna gesehen und wollten danach auch noch in das einzige Schwimmbad Helgolands, ins Mare Friscum, gehen. Der Weg zur Langen Anna war etwas mühsam. Immer bergauf mit einem Baby in der Trage und zunehmendem Wind, glich der Weg einer sportlichen Herausforderung. Außerdem wurde uns relativ schnell kalt. Wir schafften es dann aber doch zur Langen Anna, sahen viele Basstölpel und andere Vogelarten und die Große war auch über dieses Tierspektakel wieder sehr erfreut. Das Highlight waren für sie aber sehr lustig aussehende wollige Kühe, sogenannte Galloway-Rinder.

Die Große bewundert die Basstölpel
Galloway-Rinder auf Helgoland

Das Mare Friscum, welches wir am Nachmittag besuchten machte seinen Namen alle Ehre: es war frisch! Man könnte auch sagen kalt. Mit Mini konnten wir dort nicht baden und die Große fand den Indoorspielplatz auch spannender, als die kalten Wasserbecken. Immerhin konnte sie sich austoben und wir hatten einmal Duschen inklusive. (Man lernt die kleinen Dinge im Leben anders zu schäzen, wenn man mit dem Boot unterwegs ist.)

Da an diesem Wochenende das Festival „Rock’n‘ Roll Butterfahrt“ auf Düne stattfand, füllte sich die Insel rapide mit immer mehr besoffenen Rockern. Das war zwar zeitweilig ganz lustig anzusehen, auf Dauer aber doch etwas anstrengend. Nach vier Tagen auf Helgoland hatten wir eh alles sehenswerte auf der Insel gesehen und wollten dann auch weiter. Wir entschieden am Sonntag gegen sieben Uhr loszufahren. Bis zu dieser Nacht waren wir die einzigen gewesen, die kein Boot im Päckchen hatten, doch ausgerechnet in dieser Nacht legte um halb zwölf ein Boot neben uns an. Das unterbrach die Nachtruhe und führte dazu, dass wir den armen Segler, der so spät angelegt hatte, am nächsten morgen ziemlich früh wecken mussten.

Die Wetterbedingungen waren auch in diesem Sonntag (28.04.2019) nicht ideal, weil eigentlich zu wenig Wind war, trotzdem entschieden wir loszusegeln. Das nächste Ziel war Norderney. Bis dahin waren es knapp 40 Seemeilen, wir rechneten also mit ungefähr zehn Stunden Überfahrt.

Obwohl kaum Wind war starteten wir sehr wellig und schauklig ins Meer. Das führte dazu, dass die Große zum ersten Mal seekrank wurde. Nach anderthalb Stunden ging es ihr aber wieder gut und die Weiterfahrt lief, dann unter Motor aus Ermangelung von Wind, reibungslos weiter. Allerdings hatten wir so langsam genug von den kühlen Temperaturen. Als wir abends in Norderney anlegten waren wir ziemlich durchgefroren. Vor Ort hatten wir dann wenigstens etwas Sonne im Hafen, gute Hafenbedingungen und einen sehr schönen Spielplatz. Norderney ist eine sehr schöne Insel, das glich den anstrengenden Tag wieder aus.

9 Kommentare

  • Paul

    Vielen Dank für die tollen Eindrücke und Fotos!
    Toll, dass der Funkschein schon zum Einsatz gekommen ist 😉

    Ich wünsche Euch weiterhin viel Spaß und eine gute Prise Wind in den Segeln 😀

    Liebe Grüße vom Innsbrucker Platz

  • Karen

    Schön, immer mal wieder zu lesen, was bei euch los ist und wo ihr gerade so seid.
    Aber was ist ein Donnerkeil?
    Liebe Grüße

    • Julie

      Es ist ja leider nicht ganz aktuell, aber wir geben uns Mühe nicht zu lange Lücken zu lassen. Ein Donnerkeil ist ein versteinertes Fossil, Teil eines Belemiten 😉

    • Monika

      Erinnerungen werden wach! Wie schön ist das! 1995 war ich das erste und einzige Mal auf Helgoland – auf unserem Törn zur Hansesail nach Bremerhaven.
      8 Boote im Päckchen, das war ganz normal und natürlich wollte das Boot, das am Steg lag, immer als erstes weg. Meistens waren die Crews ja auch am längsten da und hatten sich den Liegeplatz mühsam erobert.
      Unseren Weg zur Langen Anna haben wir damals in Friesennerzen im Regen zurückgelegt. Aber ich war fasziniert von den schwarz-weißen Lummen, die sich auf den schmalen Simsen dort gedrängelt haben. Wer könnte Ähnlichkeiten mit dem Familienleben auf einem Segelboot ausschließen?
      Ich wünsche euch weiterhin so tolle Erfahrungen und interessante Erlebnisse zu Wasser und zu Lande und eine gute Backschaft.
      Besonders freue ich mich auf deine tollen Berichte, liebe Julie!

      • Julie

        Vielen Dank und ich freue mich, wenn wir Erinnerungen wecken oder wie bei anderen den wunsch zur Verwirklichung eigener Träume anregen. Es ist schön zu lesen, dass wir so zahlreich „begleitet“ werden 😉

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