Ich segel also denk ich

VI. Ein ganzes halbes Jahr…

Am 8. Oktober hatten wir sechsmonatiges Jubiläum. Ein halbes Jahr auf dem Boot. Es war ja irgendwie klar, dass der Zeitpunkt kommen würde und trotzdem haben wir uns selber überrascht. Wir sind auch wirklich stolz auf uns. Wir sind jetzt bei ungefähr 3500 Seemeilen in 6 Monaten, das ist schon eine ordentlich Strecke. Was für ein Weg. Was wir alles gesehen haben auf dem Weg! Wahnsinn. Und unser Mini lebt jetzt schon länger auf dem Boot, als sie Zuhause in Berlin gelebt habt. Ein richtiges Segelbaby.

Segelbaby an Board

Es wird langsam Herbst und das merkt man, selbst hier auf Sizilien. Mit dem Herbst kommen Stürme und ab und an regnet es auch, dann aber auch ziemlich stark. Wir können also nicht mehr jeden Tag baden, sondern nur noch jeden Dritten…gefühlt. Gerade auf Sizilien sind die Stürme von besonderer Natur, da die Insel von verschiedenen Richtungen angegriffen wird und zwei Meere hier aufeinandertreffen. Die Windvorhersagen stimmen auch nur bedingt. Teilweise hat man Winde aus allen Richtungen. In einer solchen Situation hatten Fiete und ich einen wunderbar eloquenten Dialog, an dem ich euch unbedingt teilhaben lassen muss. Ich: „Was ist denn das für eine Windrichtung?“, Fiete: „Windrichtung: Am Arsch.“ Ja, wenn der Wind aus allen Richtungen kommt, lässt es sich wirklich nicht gut segeln.

Segelmüde – diese Katze möchte bestimmt auch nicht aufs Wasser

Ziemlich genau an unserem Jubiläumstag waren die Große und ich dann tatsächlich auch etwas segelmüde. Lange Törns, große Wellen, anstrengendes Segeln aufgrund von starkem Wind und ziemlicher Schräglage. Es gab besagte Stürme und aus dem letzten resultierten, trotz Hafen, einige Schäden an unserem Boot. Genau an dem Tag, an dem wir unsere Segelmüdigkeit laut vor dem Kapitän kund taten, hatten wir dann einen traumhaften Segeltag! Wie um uns zu versöhnen, sahen wir viele Delfine, die uns diesmal auch begleiteten – wo die Mittelmeer-Delfine sonst so zaghafte Schwimmer waren – und selbst zwei Schildkröten konnten wir bei wunderbarem Wetter und schönster Aussicht bewundern. Wir waren mehr als versöhnt und freuen uns jetzt, dass es nun doch noch ein paar Wochen weiter geht.

Die Schönheit des Meeres flashed uns immer wieder aufs Neue


Ja es sind tatsächlich nur noch ein paar Wochen und danach geht’s zurück in die „Zivilisation“. Wie das wohl werden wird? So eine lange Reise mit eingeschränktem Lebensraum verändert einen. Einige wichtige Erkenntnisse und unglaublich eindringliche Eindrücke nehmen wir sicherlich mit nach Hause.

Was für tolle Aussichten wir genoßen haben…links in der Bucht liegt Tine vor Anker


Ich habe zum Beispiel gelernt wie unwichtig Fernsehen ist. Ich wusste es auch schon vorher, aber bei dieser Reise wurde es mir sehr deutlich. Es fehlt mir überhaupt nicht und verschwendet so viel kostbare Zeit. Was man alles machen könnte, wenn man nicht so viel fernsehen würde?

Tauben jagen ist zum Beispiel viel besser als Fernsehen

Auch mein Selbstverständnis für Strom und Wasser ist ein ganz anderes geworden. Trinkwasser kommt eben nicht aus der Leitung. In anderen Ländern, kann man das Wasser aus dem Hahn nicht trinken und auf dem Boot eh nicht. Das heißt Wasser kaufen und schleppen. Wasser ist kostbar und sollte auch so behandelt werden. Das gleiche gilt für unseren Strom. Der kommt eben nicht einfach aus der Leitung. Es benötigt erstmal Sonne, um diese in Energie umwandeln zu können. Ggf. läuft der Rechner eben nicht, weil er zu viel Strom verbraucht. Oder der Staubsauger kann wirklich nur für Sekunden angeschmissen werden, weil er die Energieressourcen wirklich schwächt. Das vergisst man viel zu oft.

Unsere Energiequelle – immer wieder schön anzusehen

Eine weitere sehr wichtige Erkenntnis ist das unsere Meere unbezahlbar und kostbar sind. Und – was ich sicherlich schon vorher wusste, aber mit solcher Eindrücklichkeit noch nicht kennengelernt habe – das wir unfassbar schlecht mit unseren Meeren umgehen! Es ist großartig Delfine und Schildkröten zu entdecken und unfassbar traurig kurz darauf die Plastiktüten im Meer schwimmen zu sehen und zu wissen dass einige dieser armen Tiere genau daran sterben werden. Wir sollten uns alle für den Erhalt und die Rettung unserer Meere einsetzen, sonst haben wir bald nicht mehr viel davon. Deshalb meine Bitte an alle: engagiert euch für den Umweltschutz und für unsere Meere (vielleicht über die Organisation The Honu-Movement oder über Nabu?).

Das Meer und seine Schätze: unbezahlbar!


Noch eine Erkenntnis haben wir gewonnen: man kann gar nicht genug Zeit haben zum Segeln! Es ist wahrscheinlich egal wie lange man segelt, man könnte immer noch länger segeln und man könnte die verschiedenen Orte auch immer noch länger entdecken. Es gibt keinen Ort von dem wir gesagt haben, da müssen wir schnell weg… höchstens vielleicht aus hässlichen Marinas (ein oder zwei gabs da schon). Alle unsere Stopps waren spannend und hätten noch weiter erkundet werden können. Aber uns ist eben auch aufgegangen, dass man nicht alles sehen kann. Es gibt so viel zu entdecken und zu besichtigen, ein ganzes Leben reicht nicht aus um all diese Orte zu sehen. Es ist schon ziemlich unglaublich wie viel Neues wir gesehen haben. Das war nur aufgrund des Segelns möglich. Vieles wäre sonst von uns unentdeckt geblieben.

Die schönsten Aussichten hat man einfach vom Boot aus

Segeln ist und bleibt eine der schönsten Arten zu reisen, auch wenn es eher langsam voran geht… die umweltfreundlichste Art bleibt es auch. Von daher: Leute geht segeln! Es lohnt sich, ob nun für eine oder zwei Wochen oder doch für fünf Jahre…

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